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Die zweiundzwanzigste Hörhilfe 6.10.07

Lounge Lizards

Voice Of Chunk (1989)
John Lurie, Roy Nathanson, Curtis Fowler, Marc Ribot, Evan Lurie, E.J. Rodriguez, Erik Sanko, Douglas Bowne

Das Webteppich-Muster auf dem Plattencover von „Voice Of Chunk“ deutet es an: John Lurie entdeckte die Weltmusik. Sein Damaskus lag übrigens in Marokko – dort stand er nicht nur für den Scorsese-Film „The Last Temptation of Christ“ vor der Kamera, sondern ließ sich auch von der emotionalen Power einer Gruppe von Gnawa-Musikern anstecken. „Sie hatten etwas in mir gelöst, etwas, das unbedingt rauswollte, das ich aber nicht wirklich finden konnte.“ Heraus kam es schließlich als ein sanftes, pentatonisches Saxophon-Motiv, so ewigkeitsnah und hypnotisierend wie manche Melodien von Don Cherry. Aus diesem meditativen, perkussiv unterlegten Augenblick heraus scheint die ganze Platte zu explodieren: Freche Bläserharmonien, gewitzte Gegenstimmen und eine bunte Mischung aus ethnisch-rockig angehauchten Rhythmen steigern sich unaufhaltsam zu profunden Jazz-Exkursionen. An den besten Stellen erreicht die Musik die ekstatische Inbrunst eines John Coltrane, ungelogen! Wer hätte das gedacht: Die respektlose, ironische Punk-Jazzband erlebte ihre Metamorphose in eine spirituelle Sufi-Gang. „Wir arbeiten hart an dieser komplizierten Sache und wir führen sie auf, fast als wäre es ein religiöser Ritus“, kommentierte John Lurie, frei von Ironie. Ganz ohne den bewährt hemdsärmeligen Humor ging es freilich nicht: Man höre und genieße den Lizards-Männerchor in der „Tarantella“ – eine echte Premiere.

Veröffentlicht in Image Hifi 66 (2006)

© 2007 Hans-Jürgen Schaal


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