Kaum war James Moody als Mood-Spezialist erfolgreich, wechselte er schon zum Rhythm'n'Blues und hätte sich James Groovy nennen sollen. Die Kritik nannte ihn deshalb ein "Chamäleon". Seine stärksten Momente hatte der flexible Multi-Instrumentalist bei Dizzy Gillespie: Als moderner Bop-Saxophonist, afrikanisierender Flötenspieler und witziger Scatter wurde er Dizzys offizielles Alter Ego. Seinen Spaß auf der Bühne hat der 72jährige noch heute.
James Moody
Joker auf Samtpfoten
(1997)
Von Hans-Jürgen Schaal
Samstagabend im Blue Note, New York City, 3. Straße Ecke 6. Avenue. Man sitzt dichtgedrängt wie im Flugzeug und sieht sich verstohlen nach eventuellen Sauerstoffmasken und Notausgängen um. Ein Touristen-Lokal wie manches andere, nur daß hier die Getränke "Lester Leaps" oder "Miles Smiles" heißen, die Entertainer hochkarätigen Jazz liefern und es in der Pause zugeht wie beim Schlußverkauf: Alles muß raus! Sogar Kinder sind heute willkommen, denn auf der Bühne steht ein gemütlicher, untersetzter, glatzköpfiger Großvater mit lila Guru-Kittel und strahlendem Mondgesicht, ein wunderbarer Stimmungs-Musikant und Familien-Clown. Nur als der freundliche Opa in "Benny's From Heaven" das niedliche Resultat eines kleinen Seitensprungs besingt, da verdüstert sich doch der moralisch besorgte Blick mancher strengen Mutter.
James Moodys Set beginnt wie seine neue CD "Moody Plays Mancini" (Warner/WEA) mit dem allseits bekannten "Pink Panther Theme". Mancini-Tributes sind in Mode: Dave Grusin und die Oranj Symphonette setzten sich in denselben Zug der Zeit. Moodys spezielle Motivation: "1992 habe ich Henry Mancini bei einem Dinner kennengelernt. Später schickte er uns sein Songbook und kreuzte ein paar Titel an, die er als Jazz-Nummern für geeignet hielt. Ich habe zuletzt ein Sinatra-Album gemacht, nun sollte ich wiederum eine Konzeptplatte machen, deshalb wählte ich Mancini." Mit Sinatra lag Moody übrigens auch schon flott im Trend: Joe Lovano und einige andere hatten dieselbe Idee zu Frankie-Boys 80. Geburtstag.
Man kann sich gut vorstellen, wie Moodys Tenor den "Pink Panther" bläst: trocken, rauchig, leicht, ganz so wie Tony Coe auf dem klassischen Soundtrack. Denkste: Moody wählt die Flöte, sein Dritt- oder Viertinstrument, das er sich in den 50er Jahren erobert hat. Nur auf Samtpfoten, fast schwerelos, schleicht sein Panther umher und erinnert eher an eine verwöhnte Schmusekatze. Also doch ein harmloses Familienprogramm? Fast scheint es so: Moody rappt und jodelt, reißt Witze und mimt den Samstagabend-Conferencier. Das Publikum lacht dankbar, nur die jazzverrückten Japaner warten noch auf etwas anderes. Aber Moody bedient auch sie: Sein Medley aus Eddie Harris' "Freedom Jazz Dance" und John Coltranes "Giant Steps" bietet virtuoses, modernes Tenorspiel ohne Wenn und Aber.
Der erste und größte Hit, den James Moody je hatte, darf natürlich im ersten Set nicht fehlen. Mit einem geliehenen Altsaxophon zauberte der damals 24jährige 1949 in Schweden jene weltberühmte Version von "I'm In The Mood For Love", die seinem Nachnamen alle Ehre machte. Auch Miles Davis und Stan Getz unterhöhlten damals mit romantischeren Tönen die Dominanz des Bebop. Noch bekannter wurde Moodys Balladen-Solo, als King Pleasure es 1952 Ton für Ton nachsang, betextet von Eddie Jefferson. Große Namen von George Benson bis Aretha Franklin haben diese vokale Version aufgenommen, und Vocalese-Pionier Jefferson wurde sogar Mitglied und Manager in Moodys Band. "Er sang das Stück, und ich spielte es. Bei Tanzveranstaltungen hatte Eddie an der Tür zu stehen und mit einem Ticker die Besucher zu zählen, damit man uns nicht übers Ohr haute."
Die Improvisation von 1949, eigens registriert als "Moody's Mood For Love", bringt dem Saxophonisten noch immer kräftige Tantiemen ein. Längst ist er dazu übergegangen, Jeffersons Lyrics selbst zu singen: "Ich begann damit, als ich einen Sänger haben wollte und mir keinen leisten konnte. Ich habe aber nie an meiner Vokaltechnik gearbeitet, vielleicht hätte ich es tun sollen. Auch das Jodeln habe ich nicht geübt, das konnte ich schon immer."
Auch bei "Moody's Mood" darf natürlich die humoristische Note nicht fehlen. Ein gewisser Thore Swanerud spielte einst auf der schwedischen Aufnahme ein kleines Klaviersolo, Eddie Jefferson betextete es für eine weibliche Gesangspartnerin, und diese war 1952 keine Geringere als die junge Betty Carter. Sänger Moody indes braucht keine Partnerin: Grimassierend, parodierend, falsettierend meistert er auch den weiblichen Part.
© 1997, 2004 Hans-Jürgen Schaal
© 1997 Hans-Jürgen Schaal |