Galerie der Großen (1)
MARCEL MULE
24.6.1901 – 19.12.2001
Von Hans-Jürgen Schaal
Instrumente:
Sopransax, Altsax
Spitzname:
Le Maître
Erste Schritte:
Solfeggio-Gesang und Saxofon-Stunden beim Vater
Lehrer:
Gabriel Willaume, ein klassischer Violinist, bei dem er Phrasierung, Tongestaltung und Stilistik studiert
Ratschlag seines Vaters:
„Werde auf keinen Fall Berufsmusiker!“
Durchbruch:
Solo-Saxofonist in der Musikkapelle der Republikanischen Garde (1924-1936) und bei Opern- und Ballettaufführungen (z.B. Massenets „Werther“)
Markenzeichen:
Das „kontrollierte Vibrato“, angeregt vom „wilden Vibrato“ der Jazz-Saxofonisten in den Pariser Nachtklubs
Wichtige Werke:
Mehrere Bände Etüden, besonders die nach Wilhelm-Franz Ferling, „die Bibel des Saxofonisten“ (Mule)
Über 100 Transkriptionen und Arrangements, u.a. das Andante Cantabile aus Tschaikowskys 1. Streichquartett, eingerichtet für vier Saxofone, und die Habanera von Ravel, arrangiert für Altsaxofon und Klavier
Wichtigste Formation:
Das Mule-Quartett (1928-1967), die Mutter aller Saxofonquartette
Berühmte Einspielungen:
Alexander Glasunow: Saxofonquartett, opus 109
Jacques Ibert: Concertino da camera
Alexander Tscherepnin: Sonatine sportive, op. 63
Berühmter Live-Auftritt:
Bachs Brandenburgisches Konzert Nr. 2 beim Casals-Festival 1950. Das Sopransax übernimmt den Trompeten-Part
Talisman:
Das Jeanne-d’Arc-Blättchen. Ein vom Alter schon schwarzes Saxofonblatt aus Rouen, wo die Jungfrau von Orléans verbrannt wurde
Schüler:
Hunderte. Allein 87 von ihnen erringen einen Ersten Preis am Pariser Konservatorium, darunter Daniel Deffayet, Guy Lacour, Jean-Marie Londeix, Jacques Desloges, Frederick Hemke, Pierre Bourque und Iwan Roth
Ratschlag an einen Schüler:
„Ich bin ein alter Mann und es ermüdet mich, Englisch zu sprechen. Also beeilen Sie sich und lernen Sie Französisch!“
Über sein Instrument:
„Das vor allem ist die große Qualität des Saxofons: Es singt mit Eloquenz.“
Über das Zubehör:
„Ein hartes Kautschuk-Mundstück erzeugt den rundesten Klang.“
Anekdote:
Bei den Proben zu Ravels „Bolero“ klärt er den Komponisten darüber auf, dass es kein Sopranino-Sax in F gibt. Mule übernimmt den Sopranino-Part auf dem Sopransax
Das Kollegen-Zitat:
„Ihre Arpeggios gingen direkt zum Himmel und Gott, unser Vater, der sich da oben irgendwie langweilt, möchte Saxofonstunden nehmen. Ich schicke Ihm noch heute Ihre Adresse.“ – Gabriel Pierné, Komponist
Die Presse:
„Marcel Mule gibt dem Saxofon jenen entschiedenen Adel, auf den das Instrument gewartet hatte.“ – Le Monde, Mai 1938
Diskografische Empfehlung:
Marcel Mule – „Le Patron“ of the Saxophone / Encore (Clarinet Classics 0013 + 0021)
Wichtige Lebensdaten:
1901 Geburt in Aube (Normandie)
1923 Eintritt in die Kapelle der Republikanischen Garde
1928 Gründet das erste kontinuierlich arbeitende Saxofonquartett. Spielt das Sopransax bei der Uraufführung von Ravels „Bolero“
1936 Das Saxofonquartett der Republikanischen Garde wird zum Saxofonquartett von Paris
1937 Grand Prix de Disque für die Einspielung von Gabriel Piernés Quartett „Introduction et Variations“
1942 Wird der erste Saxofon-Professor am Pariser Konservatorium seit Adolphe Sax persönlich
1948 ff. Entwickelt mit Selmer das Mark VI
1951 Das Saxofonquartett von Paris erhält den Namen „Quatuor Marcel Mule“
1958 12-Konzert-Tournee durch die USA als Solist. Orden der französischen Ehrenlegion
1967 Tritt in den Ruhestand
1990 Letztes Interview
2001 Tod in Savary (Südfrankreich)
© 2004, 2007 Hans-Jürgen Schaal
© 2004 Hans-Jürgen Schaal |