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SONGSMITHS .08

Dorothy Fields
Was die Melodie sagt
(2005)

Von Hans-Jürgen Schaal

Als Spross einer jüdischen Showbiz-Familie wuchs Dorothy Fields (1905-1974) ganz natürlich in die Bühnenwelt hinein. Der Vater jedoch, vom Komiker zum Broadway-Impresario aufgestiegen, verbot seinen Kindern den Weg zurück in die Niederungen des Theaterlebens. Die Söhne Joseph und Herbert wurden dennoch beide Librettisten. Und Tochter Dorothy wollte, wenn sie schon nicht schauspielern durfte, wenigstens Songtexte schreiben. Der Vater hielt diese Beschäftigung nicht für ladylike. Mit einigem Recht: Als er 1927 Dorothys ersten Song hörte – „Diga Diga Doo“ – und kapierte, dass der Titel nichts anderes meinte als Sex, fiel er fast in Ohnmacht. Nach der Vorstellung stieg er auf die Bühne und verkündete, diese Worte könnten keinesfalls von seiner Tochter stammen. Er schien seinen Willen durchzusetzen, als Dorothys nächster Song von der Premieren-Kritik genüsslich verrissen wurde. Aber „I Can’t Give You Anything But Love“ wurde trotz der Verrisse ein Welterfolg – und Vater Fields gab nach.

Es war der Songkomponist Jimmy McHugh, der der großen, schlanken 22-Jährigen ihren ersten Job bei Mills Music verschaffte, wo sie 50 Dollar pro Songtext bekam. Mit McHugh schrieb sie für den Cotton Club, den Broadway, dann für Hollywood. Trotz aller Unbill optimistisch bleiben: Das war die Botschaft ihrer Lyrics, die in der Depressions-Zeit bestens ankam, gerade aus dem Mund schwarzer Jazzsänger. Und Dorothy Fields besaß noch einen zweiten Trumpf: ihre Weiblichkeit. Dass eine Frau Songtexte schrieb und dabei mit humorvoller Erotik in die Offensive ging, war eine absolute Novität. „This feeling isn’t purely mental“, „A fine romance! All morals!“ oder einfach „I’m in the mood for love“: Das war ein ganz neuer Ton. Auf ihn wurde auch Komponist Jerome Kern aufmerksam und schrieb mit Fields die Songs für vier Filme. Insgesamt lieferte sie mehr als 400 Songtexte für 15 Musicals und etwa 26 Hollywood-Produktionen.

Trotz Vers und Reim und Originalität schrieb Dorothy Fields ungekünstelt und direkt und verzichtete auf die allzu raffinierten Wortspiel-Tricks. Dafür tanzen ihre Texte ingeniös im Tonfall der Musik: Sie sagen, „was die Melodie sagt“, so der Kollege Johnny Mercer, der überzeugt war, dass Fields’ Worte Kerns Songs gerettet hatten. Am besten schrieb sie für konkrete Musicalfiguren: „Ein Song muss die Story voranbringen“, lautete das Credo der erfahrenen Show-Librettistin. Noch mit über 60 Jahren traf Fields den Zeitgeist: Ihre letzten Songs wie „Big Spender“ entstanden im Team mit dem 24 Jahre jüngeren Komponisten Cy Coleman (1929-2004). Ein Kritiker nannte sie schlicht „die größte Dichterin des 20. Jahrhunderts“.

Hörtipp: An Evening with Dorothy Fields (DRG Records)

© 2005, 2009 Hans-Jürgen Schaal


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