Rockidelity
The Mars Volta: The Mars Volta (2022)
Von Adrian Teufelhart
Nicht nur die Fans haben diese Band vermisst. Auch die beiden Macher – Omar Rodriguez-Lopez und Cedric Bixler-Zavala – können wohl nicht ohne sie. Nach zehn Jahren Kunstpause sind The Mars Volta zurück, die legendären Pioniere des „Crossover-Latin-Prog“, die Klassiker des „Psycho-Jam-Fusion-Punk“. Doch ihr neues, ihr siebentes Album – es ist eindeutig anders. Es besteht tatsächlich aus 14 Songs im poppigen Drei-Minuten-Format. Es hat LP-Länge. Zugegeben: Auch bei Album Nummer fünf (2009) und Nummer sechs (2012) war schon viel von „Pop“ die Rede gewesen. Aber damals gab es immerhin noch abenteuerlich-spacige Instrumentalstrecken, die manches Stück auf sieben, acht Minuten gedehnt haben. Nein, solche Strecken gibt es auf dem neuen Album definitiv nicht mehr. Die Songs sind einfach nur Songs, basta. - Andererseits jedoch enthält die Musik genau dieselben Zutaten wie früher: Bixler-Zavalas sirenenhafte Gesangsmelodien und Rodriguez-Lopez’ gitarrenlastige, kunstvoll anarchische Soundschichten. Die traditionellen Prog-Elemente fehlen zwar, aber der prickelnde Mars-Volta-Bandsound klang nie klarer, typischer und kompakter. Nennen wir es Art-Rock, meinetwegen Art-Pop. Wer die Band früher mochte, wird sich dem Sog dieser 14 faszinierenden Ohrwürmer nicht entziehen können. Ganz im Gegensatz zu Steven Wilsons peinlichen Annäherungen an die Pop-Welt sind sich The Mars Volta zumindest in einigen Aspekten treu geblieben.
Erschienen in: Fidelity 65 (2023)
© 2023, 2024 Hans-Jürgen Schaal
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